Jahresprogramm der C. G. Jung Gesellschaft Bodensee

Das Böse - Abscheu und Faszination

„Es ist heute, wie zu allen Zeiten, wichtig, dass der Mensch die Gefahr des Bösen,
die in ihm lauert, nicht übersieht. Sie ist leider nur allzu wirklich, weshalb die
Psychologie auf der Realität des Bösen bestehen… muss.“ (GW 9/II, §97)

Als Faust den Mephisto fragt, wer er eigentlich sei, antwortet dieser: „Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“ Worauf Faust wissen möchte: „Was ist mit diesem Rätselwort gemeint?“ und Mephisto antwortet: „Ich bin der Geist, der stets verneint.“ Und ergänzt: „Und das mit Recht, denn alles was entsteht ist wert, dass es zugrunde geht.“ Damit umschreibt der Dichter die archetypische Dialektik des Schöpferischen und Zerstörerischen. Und er kennt auch die Faszination des Bösen: So heißt es in Faust II: „Das Schaudern ist des Menschen bestes Teil; wie auch die Welt ihm das Gefühl verteure, ergriffen fühlt er tief das Ungeheure.“ Die Aktualität des Bösen wird uns auf schauerliche Weise täglich neu vor Augen geführt. C. G. Jung suchte mit seiner analytischen Psychologie das innere Verhältnis der Psyche zur Geschichte, zu den Natur- und Geisteswissenschaften und zur aktuellen Lebenswirklichkeit in der Gesellschaft zu erkunden und psychologisch fruchtbar zu machen. Er war in intensivem Austausch mit namhaften Vertretern dieser Disziplinen. Gerade im Jahr seines 150. Geburtstages ist es uns Auftrag und Herausforderung, diesen Weg weiter zu verfolgen.

In der Analytischen Psychologie: ist der Begriff des „Schatten“ eng mit dem Bösen, Dämonischen verbunden. In bildhafter Formulierung meint der Schatten den seelischen Bereich, der nicht vom Licht des Bewußtseins erhellt wird, also das Unbewusste mit seiner Polarität von Faszination und Erschauern. Will man verstehen, warum Menschen andere quälen, muss man sich mit dem Schatten beschäftigen, mit dem, was man in sich selbst verabscheut. Darüber hinaus gehend bekräftigt C. G. Jung, dass der Mensch die Möglichkeit zum Bösen in sich trägt, in den tiefsten, allen Menschen gemeinsamen Seelenschichten.

Auch die großen Weltreligionen und die Literatur: beschäftigen sich mit dem Bösen. In den monotheistischen Religionen stellt sich die Frage nach dem Gottesbild, wie ist der Glaube an einen gütigen, allmächtigen Gott vereinbar mit der Existenz des Bösen? Was ist der Teufel? In seinem Roman „Dr. Faustus“ geht Thomas Mann, auch seinen 150. Geburtstag feiern wir in diesem Jahr, dieser Frage nach. Der Protagonist Adrian Leverkühn studiert zunächst Theologie, als Strafe für „…den Dünkel seiner Kälte“, um sich dann der Musik zuzuwenden, die er revolutionieren, neu erschaffen will. Da erscheint ihm des Nachts der Teufel, erkenntlich an der durchdringenden, lähmenden Kälte, die von ihm ausgeht. Er verspricht ihm die Ekstase des Künstlers um den Preis, „ein kaltes Leben“ führen zu müssen. Die Kälte wird zur Metapher des Bösen.

Der Philosophie: der „Liebe zur Weisheit“, der Lehre vom Erkennen und Verstehen, ist das Böse von Anbeginn ein zentrales Thema. Wurzeln dieses Denkens reichen zurück bis in die Antike. Ist das Böse nur die Abwesenheit des Guten? Ist es als Person greifbar? Rüdiger Safranski deutet den Paradiesmythos als Zusage an den Menschen, eine Wahl zu haben, d.h. frei zu sein. Die Freiheit als Möglichkeitsraum bringt es mit sich, auch für die Negativität offen zu sein. „Die Sündenfallgeschichte ist die Geburt des Nein, des Geistes der Verneinung.“ Die Verneinung als archaisches Erleben des Nichts, der Sinnlosigkeit, als Mangel an Sein, ist eine verbindende Vorstellung des philosophischen und religiösen Denkens. So sagt Safranski: „Man muss nicht den Teufel bemühen, um das Böse zu verstehen… Es ist der Preis der Freiheit.“

Die Konfrontation mit dem Bösen in der Politik: Im letzten Kapitel von „Dichtung und Wahrheit“ schreibt J. W. v. Goethe: „Am furchtbarsten erscheint das Dämonische, wenn es in irgendeinem Menschen überwiegend hervortritt…Sie (diese Menschen) üben eine unglaubliche Gewalt über alle Geschöpfe…Alle vereinten sittlichen Kräfte vermögen nichts gegen sie…die Masse wird von ihnen angezogen.“ In diese Herausforderung sind Menschen in politischer Verantwortung gestellt. Was bedeutet das für ihre Entscheidungen, die Wahl der Mittel, den Umgang mit der Wahrheit, wenn es um höhere Ziele geht. In seinem Roman: „Der Großtyrann und das Gericht“ antwortet Werner Bergengruen: „Alle Rechts- und alle Staatskunst, will sie mehr sein als ein handwerkliches Verwalten, wird immer von neuem den Versuch wagen, ja, an ihm zu zerschellen haben: den Versuch, die Macht mit der Gerechtigkeit, die Stärke der Hände mit der Reinheit der Hände zu versöhnen.“

„Wenn man sich über eine so komplexe Frage wie Gut und Böse verständigen will, so müssen wir von Folgendem ausgehen: Gut und Böse sind Prinzipien, und wir müssen bedenken, dass ein Prinzip lang vor uns ist und weit über uns hinausreicht.“
(GW 10, §859)

Jahresprogramm 2025

Leitung: Ulrike Bercher Baumgartner, Analytische Psychotherapeutin
Kategorie: Kurs – Geschlossene Gruppe
Zertifiziert von der Psychotherapeutenkammer

In dem wir das Traumgeschehen besser verstehen, können wir uns einen Zugang zur lebendigen Wirklichkeit unserer Träume verschaffen und uns selbst besser verstehen. Der Traum entstammt dem Unbewussten und schickt uns wertvolle Hinweise und Erkenntnisse.

„Was der Traum sagt, ist wie es ist, denn wir haben ihn nicht gemacht. … Wir entscheiden, als wenn wir wüssten. Wir wissen nur, was wir wissen, aber es gäbe sehr viel mehr, was wir wissen könnten, wenn wir nur aufhören würden, auf dem zu beharren, was wir wissen. Der Traum würde uns ein Weiteres erzählen.“ C. G. Jung, aus einem Brief vom 2. 9. 1960 an Sir Herbert Read

Im Austausch über konkrete Träume – wenn möglich unsere eigenen Träume – werden wir erfahren wie darin vorkommende Bilder und Botschaften mit Hilfe der jungschen Traumdeutung verstanden werden können. Dafür notwendige theoretische Grundlagen werden erklärt und eine Vorgehensweise, wie Träume erinnert und aufgeschrieben werden können, wird vorgestellt.

Voraussetzungen: keine
Gegenseitiger Respekt und Vertrauen sind bei der Arbeit mit eigenen Träumen unabdingbar. Als Gruppe werden wir darüber Vereinbarungen treffen.

Teilnehmer: max. 8 Teilnehmer / geschlossene Gruppe

Termine: 5 Termine
dienstags von 19.15 – 21.00 Uhr
Angebot bei Bedarf geplant 

Ort: Praxis Dr. M. Hauswald / Marktstätte 26 / Konstanz

Teilnahmebeitrag: 125 Euro
auf das Konto der Gesellschaft zu überweisen: Volksbank Konstanz / IBAN: DE94 6929 1000 0227 8241 07
Anmeldung: ab sofort unter info@jung-bodensee.de / Gisela Lohmann 0173 3059513

Die Macht des Schlechten – eine Annäherung aus dem Verständnis der Analytischen Psychologie
Kategorie: Vortrag, Diskussion

Termin: Donnerstag, 13.02.2025, 19h00
Ort: Wolkensteinsaal, Kulturzentrum Konstanz
Abendkasse: 10€ / ermäßigt 5€ für Studierende
Info & Anmeldung: info@jung-bodensee.de

„Das Böse hat sich uns in einer Krassheit und Gemeinheit offenbart“: Thomas Mann über das Rätsel des Bösen und den Widerstand dagegen
Kategorie: Vortrag, Diskussion

Termin: Donnerstag, 13.03.2025, 19h00
Ort: Wolkensteinsaal, Kulturzentrum Konstanz
Abendkasse: 10€ / ermäßigt 5€ für Studierende
Info & Anmeldung: info@jung-bodensee.de

Gut oder Böse – Maßstab für die Politik?
Kategorie: Vortrag, Diskussion

Termin: Donnerstag, 15.05.2025, 19h00
Ort: Wolkensteinsaal, Kulturzentrum Konstanz
Abendkasse: 10€ / ermäßigt 5€ für Studierende
Info & Anmeldung: info@jung-bodensee.de

Das Böse oder das Drama der Freiheit
Kategorie: Vortrag, Diskussion

Termin: Donnerstag, 18.09.2025, 19h00
Ort: Wolkensteinsaal, Kulturzentrum Konstanz
Abendkasse: 10€ / ermäßigt 5€ für Studierende
Info & Anmeldung: info@jung-bodensee.de

Leitung: Karin Kaschützke, Brigitte Momma-Lavall, Irene von Ballmoos –
analytische Psychotherapeutinnen der C.G. Jung Gesellschaft Bodensee
Kategorie: Filmvorführung mit anschliessender Diskussion

Termine: Freitags, 19h00 – 22h00
Ort: Hofhaus im Paradies, Brauneggerstrasse 34a, Konstanz
Abendkasse: Eintritt frei – Kollekte
Anmeldung(fakultativ): i.vonballmoos@gmx.at

In der Reihe Ein Rendez-Vous – Film trifft Analytische Psychologie werden aktuelle und ältere Filme miteinander angeschaut und von den Referentinnen anhand Jungscher Konzepte mit dem Publikum diskutiert.

C. G. Jung-Gesellschaft Bodensee e.V.

Brauneggerstraße 34a

74862 Konstanz

Info@jung-bodensee.de

www.jungbodensee.de